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Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberanteile – und die Frage der vGA

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Die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH an dessen in der GmbH beschäftigte Ehefrau, für deren Altersversorgung die Arbeitgeberanteile irrtümlich gezahlt wurden, ist keine Zuwendung des Arbeitgebers, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen ist, wenn das Arbeitsverhältnis fremdüblich vereinbart und tatsächlich durchgeführt wurde.

Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Vermögensvorteil dem Gesellschafter unmittelbar selbst zufließt, sondern auch dann, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person den Vermögensvorteil erhält; hierbei ist auch unerheblich, ob der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat.

Ist der begünstigte Gesellschafter -wie im Streitfall- ein beherrschender, so kann nach ständiger BFH-Rechtsprechung eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Dabei liegt die objektive Beweislast einer vGA beim Finanzamt.

Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Angehörige eines Gesellschafters im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und Angehörigen bestehenden Arbeitsverhältnisses gewinnmindernd als Betriebsausgabe der Gesellschaft oder als vGA zugunsten dieses Gesellschafters zu erfassen sind, ist nach der Rechtsprechung zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag mit den Angehörigen sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist.

Vergütungen aus einem Arbeitsvertrag mit nahen Angehörigen sind danach betrieblich veranlasst, wenn das Gehalt angemessen ist und dem entspricht, was ein Fremder unter vergleichbaren Umständen als Gegenleistung erhalten würde. Da anders als im Wirtschaftsleben bei Angehörigen nicht unterstellt werden kann, dass Leistungen nicht ohne Gegenleistung erbracht werden, sind nach der Rechtsprechung Gehaltszahlungen aufgrund eines Arbeitsvertrags unter Angehörigen aber steuerrechtlich nur zu berücksichtigen, wenn das Gehalt der Höhe nach zu Beginn des Arbeitsverhältnisses feststeht oder bei Änderungen während des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft vereinbart wird. Rückwirkende Gehaltsvereinbarungen oder Sonderzahlungen werden in der Regel nicht anerkannt.

Lediglich für den Sonderfall einer zunächst schwebend unwirksam vereinbarten Entgeltvereinbarung hat der BFH eine Rückwirkung nach späterem Wegfall der schwebenden Unwirksamkeit für steuerrechtlich unbedenklich gehalten.

Diese Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen stellen allerdings keine besonderen -ungeschriebenen- Merkmale des steuergesetzlichen Tatbestandes, sondern Beweiswürdigungsregeln dar.

Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85 und 88 AO sowie § 76 Abs. 1 FGO. Der Fremdvergleich ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines mit dem Tatbestand einer Einkunftsart zusammenhängenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt.

Diese vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Angehörigenverträgen verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht und sind vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Beschluss vom 07.11.1995 2 BvR 802/90 grundsätzlich mit der Maßgabe gebilligt worden, dass nicht bereits jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltselemente vom Üblichen für sich allein stets zur steuerrechtlichen Nichtanerkennung eines Vertragsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen führt.

Die gebotene Gewichtung und Würdigung obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz. Verstößt die Gesamtabwägung weder gegen Erfahrungssätze noch gegen die Denkgesetze, so ist der BFH daran gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH, Urteile in BFH/NV 2001, 152; in BFH/NV 1996, 320; BFH, Beschluss vom 25.10.2004 – III B 131/03, BFH/NV 2005, 339).

Nach diesen Grundsätzen ist es im vorliegenden; vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht weder die Weiterleitung der rückerstatteten Arbeitgeberbeiträge durch die GmbH an die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers noch den im Zusammenhang mit diesem Arbeitsverhältnis zur Klärung der Krankenversicherungspflicht entstandenen Beratungsaufwand als vGA an den (Allein-)Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH angesehen hat.

Allerdings macht das Finanzamt zu Recht geltend, dass der Ehefrau mit dem weitergeleiteten Arbeitgeberbeitrag ein Vorteil zugewendet wurde, der korrespondierend einen Vermögensnachteil der GmbH zur Folge hatte.

Der rückerstattete Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung war nicht als Durchlaufposten für die Ehefrau als Arbeitnehmerin der GmbH, sondern als Betriebseinnahme der GmbH zu erfassen. Denn nach § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV steht der Erstattungsanspruch für zu Unrecht entrichtete Beiträge demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat. Dies war im Streitfall hinsichtlich der Arbeitgeberbeiträge die GmbH, weil sie damit ihre eigene öffentlich-rechtliche Abgabepflicht, nicht aber eine solche ihrer Arbeitnehmerin erfüllte.

Dies folgt schon daraus, dass Zahlungen von Arbeitgeberanteilen zur gesetzlichen Sozialversicherung nach ständiger Rechtsprechung kein Arbeitslohn sind, obwohl sie im Anwendungsbereich des § 10 EStG als Beitrag zum Erwerb der Versorgungsanwartschaft bei der Berechnung des abziehbaren Höchstbetrages in verfassungskonformer Weise einbezogen werden. Denn der sogenannte Arbeitgeberanteil, der eigentumsgrundrechtlich den Arbeitnehmern als Eigenleistung zuzurechnen ist, wird nach einfachem Gesetzesrecht nicht aus dem Vermögen des einzelnen Arbeitnehmers finanziert und vermehrt dieses auch nicht.

Auf dieser Grundlage kann entgegen der Auffassung des Finanzgericht -schon wegen der Ausgestaltung der Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Rentenversicherung nicht als privat-/arbeitsrechtliche, sondern als öffentlich-rechtliche Verpflichtung- nicht allein deshalb eine Rechtsgrundlage für die Weiterleitung rückerstatteter Beiträge im Arbeitsverhältnis gesehen werden, weil die (irrtümliche) Leistung durch das Anstellungsverhältnis veranlasst war.

Gleichwohl ergibt sich aus diesem berechtigten Einwand des Finanzamt kein Rechtsfehler bei der steuerrechtlichen Erfassung der weitergeleiteten Arbeitgeberbeiträge, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt.

Zu Recht hat das Finanzgericht nämlich entschieden, dass nach den Umständen des Streitfalles die Weiterleitung der Arbeitgeberbeiträge an die Ehefrau nicht durch das Gesellschaftsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers zur GmbH, sondern allein durch das Arbeitsverhältnis der Ehefrau zur GmbH veranlasst war, weil der Bruttolohn der Ehefrau auch unter Hinzurechnung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge als angemessen im Verhältnis zu der von ihr erbrachten Arbeit zu würdigen ist.

Im rechtlichen Ausgangspunkt sind Finanzgericht, Finanzamt und der Gesellschafter-Geschäftsführer übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der GmbH und der Ehefrau ungeachtet des zwischen ihr und dem Gesellschafter-Geschäftsführer bestehenden Näheverhältnisses fremdüblich vereinbart und tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt wurde. Anhaltspunkte für eine fehlende Fremdüblichkeit der Vereinbarungen sind weder der Revisionsbegründung noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen, so dass sich insoweit auch nicht ansatzweise Zweifel ergeben können.

Solche Zweifel können sich entgegen der Auffassung des Finanzamt auch nicht im Umfang der an die Ehefrau weitergeleiteten (rückerstatteten) Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung ergeben.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat allerdings in einer solchen Weiterleitung rückerstatteter Arbeitgeberbeiträge an den Arbeitnehmer bei fehlender klarer und im Vorhinein getroffener Vereinbarung eine vGA gesehen, weil die Erstattung zu Unrecht entrichteter Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung selbst dann nur der Kapitalgesellschaft zusteht, wenn die Beitragsentrichtung wirtschaftlich zu Lasten des Gesellschafter-Geschäftsführers gegangen ist.

Demgegenüber geht die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf Teile des Schrifttums davon aus, dass schon wegen der Veranlassung der Beitragszahlungen durch das Arbeitsverhältnis eine entsprechende Veranlassung auch für den (umgekehrten) Fall der Rückerstattung der Beiträge und deren Weiterleitung an den Arbeitnehmer gegeben ist, weil bei unterstellter Kenntnis der fehlenden Rentenversicherungspflicht regelmäßig ein höherer Bruttoarbeitslohn vereinbart worden wäre.

Darüber hinaus sieht die Vorinstanz die Voraussetzungen für die Annahme einer wirksamen Arbeitslohnzahlung im Streitfall selbst dann als gegeben an, wenn man dies mit Teilen der Finanzgericht-Rechtsprechung (ungeachtet fehlender vorheriger Vereinbarungen) allein davon abhängig macht, ob unter Berücksichtigung der Grundsätze zum Fremdvergleich von Angehörigenverträgen der Bruttolohn unter Einbeziehung des Arbeitgeberanteils zur Rentenversicherung im Vergleich zu der Arbeitsleistung angemessen ist.

Der Bundesfinanzhof folgt der Vorinstanz, dass die streitige Weiterleitung des rückerstatteten Arbeitgeberbeitrags schon deshalb nicht als vGA, sondern als gewinnmindernd bei den Betriebsausgaben der GmbH zu berücksichtigender weiterer Arbeitslohn der Ehefrau anzusetzen ist, weil auch unter Einbeziehung dieser Zahlung von einer Angemessenheit ihrer Vergütung nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs ausgegangen werden kann und in Fällen der Rückerstattung von Arbeitgeberbeiträgen das Fehlen einer entsprechenden im Vorhinein getroffenen (Weiterleitungs-)Vereinbarung nicht entgegensteht.

Die Würdigung des Finanzgericht, dass der Bruttolohn der Ehefrau auch unter Hinzurechnung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge im Verhältnis zu der von ihr erbrachten Arbeitsleistung angemessen ist, beruht auf der Feststellung, dass sie für die GmbH nicht eine „einfache“ Angestelltentätigkeit, sondern eher eine geschäftsführerähnliche Tätigkeit bei der Kundenbetreuung, der Organisation der Auftragsabwicklung, dem Rechnungswesen, den Bankgeschäften, den Telefondiensten, sowie bei allen vom Gesellschafter-Geschäftsführer nicht abgedeckten kaufmännischen Leistungen ausgeübt hat.

Dies rechtfertigt nach Ansicht des Finanzgericht die Würdigung, dass die für diese Tätigkeit gezahlte Vergütung von durchschnittlich 2.089,79 € (zzgl. betrieblicher PKW) im Vergleich zu dem Bruttolohn des Gesellschafter-Geschäftsführers als Geschäftsführer der GmbH (monatlich 14.000 DM im Jahr 1989 zzgl. betrieblicher PKW) auch unter Hinzurechnung weiterer 9,47 % Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung mit einer monatlichen Auswirkung von durchschnittlich 197,92 € (Gesamtsumme durchschnittlich monatlich 2.287, 71 €) nicht unangemessen ist.

Im Übrigen ist die Vorinstanz nach den Gesamtumständen des Falles vor dem Hintergrund der erbrachten Rentenversicherungsleistungen zugunsten der Ehefrau davon ausgegangen, dass die GmbH und die Ehefrau bei Kenntnis fehlender Rentenversicherungspflicht der Ehefrau deren Bruttogehalt von Anfang an höher bemessen hätten, um ihr eine private Zukunftssicherung zu ermöglichen, und dass dies durch die streitige Weiterleitung der rückerstatteten Arbeitgeberbeiträge unmittelbar zum Ausdruck gebracht wurde.

Gegen die diesen Ausführungen zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen hat das Finanzamt mit der Revisionsbegründung keine Einwendungen erhoben, so dass die daran orientierte Würdigung des Finanzgericht als mit den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen vereinbar anzusehen und folglich für den Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO bindend ist.

Gegen diese Würdigung kann des Weiteren entgegen der Auffassung des Finanzamt nicht unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgericht Düsseldorf in EFG 1994, 566 eingewandt werden, die Weiterleitung des rückerstatteten Betrages an die Ehefrau müsse schon wegen fehlender klarer und im Vorhinein getroffener Vereinbarung als vGA angesehen werden.

Das Gebot klarer und im Vorhinein zu treffender Vereinbarung soll lediglich missbräuchliche Gestaltungen vermeiden und schließt nur deshalb für den Regelfall die Anerkennung rückwirkender Gehaltsvereinbarungen oder Sonderzahlungen aus.

Dieses Gebot steht aber, wie das Finanzgericht Köln selbst in seinem Urteil vom 21.11.1989 ausgeführt hat, dann nicht entgegen, wenn die aus den äußeren Umständen erkennbare (zumindest konkludente) Entscheidung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine Lohnzahlung aus arbeitsrechtlicher Sicht jedenfalls billigenswert ist und es bei dieser „mit anderen Fällen verdeckter Gewinnausschüttungen nicht vergleichbaren Sachlage einem bloßen Formalismus gleich (… kommt), die Entscheidung in ihrer steuerlichen Wirksamkeit von der Schriftform abhängig zu machen“.

Dementsprechend hat die Vorinstanz zu Recht darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte Anspruch auf Auskehrung von irrtümlich gezahlten und erstatteten Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung aufgrund einer durch den Irrtum bedingten Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs haben.

Daraus ist zu Recht mit der Vorinstanz zu folgern, dass die zivilrechtliche Erfüllung eines solchen Anspruchs steuerrechtlich nicht unangemessen sein kann.

Schließlich hat das Finanzgericht zu Recht das von der GmbH an einen Berater gezahlte Honorar zur Klärung ihrer eigenen Pflicht zur Nachentrichtung von Krankenversicherungsbeiträgen als betrieblich veranlasst angesehen, da der Arbeitgeberbeitrag nach ständiger Rechtsprechung eine Betriebsausgabe darstellt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Oktober 2014 – VIII R 21/12


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